Vorgeschichte

Anfang der 1920er Jahre nehmen einige junge Burschen aus Herford an den Deutschlandwanderungen der Arbeitersportvereine teil. Zurück in Herford gründen sie innerhalb der Arbeitersportvereine Jahn und Eichenkranz jeweils eine Wandermusiziergruppe, die das Wandern bei Musik und Gesang pflegen will. Die Gruppen spielen auf öffentlichen Veranstaltungen, wie z.B. auf Bezirkswandertagen und Heidefesten, Wanderlieder und Volksweisen. Im Jahre 1928 schließen sich die Musiker zu einem Verein zusammen, dem Freien Wander- und Mandolinenverein.

1928 – 1934

Eines der ersten Vereinsfotos zeigt die Zupfer im Jahre 1928. Um den musikalischen Leiter Gustav Beugholt scharen sich musikbegeisterte junge Männer. Vermutlich schon im Jahr 1929 tritt der Verein dem Deutschen-Arbeiter-Mandolinistenbund (DAMB) bei.

In der nachfolgenden Zeit werden Instrumente angeschafft und das Notenlernen intensiviert. Das Orchester probt regelmäßig im Volkshaus am Alten Markt, heute Zethadeem, und gibt Konzerte in den Sälen der Gaststätten Brinkmann am Renntor und Neue Welt an der Mindener Straße, ehemals Scala. Es nennt sich nun stolz Freies Herforder Zupforchester (FHZ). Durch Auftritte über die Grenzen Herfords hinaus macht sich das Herforder Orchester auch im ostwestfälischen und niedersächsischen Raum bekannt. So pflegt das Herforder Orchester eine enge Vereinsfreundschaft mit der Mandolinen- und Lautenvereinigung Hannover-Linden.

Mit dem Erfolg steigt auch die Zahl der Musikerinnen und Musiker. Wie das Orchesterfoto aus dem Jahr 1933 (oben) zeigt, ist das Freie Herforder Zupforchester mittlerweile auf fast 30 Aktive angewachsen. Das Repertoire umfasst Märsche, Konzertwalzer, Operettenmelodien sowie einige italienische und spanische Musikstücke.

Als Adolf Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt und nachfolgend die NS-Diktatur durchgesetzt wird, hat dies direkte Folgen für die Arbeiterbewegung in Deutschland. Im Zuge der sogenannten Gleichschaltung, ab Mai 1933, wandeln die Nationalsozialisten die im DAMB organisierten Orchester um.

Diese Zwangsumwandlung trifft auch das Freie Herforder Zupforchester. Es wird mit dem zweiten in Herford ansässigen Zupforchester, dem Herforder Mandolinen-Club (HMC) zum Herforder-Mandolinen-Orchester zusammengeschlossen. Das Vereinseigentum des Freien Herforder Zupforchesters (Instrumente, Noten, Geld und weiteres Inventar) wird beschlagnahmt und vom Herforder-Mandolinen-Orchester übernommen. Die Vereinsarbeit im Herforder-Mandolinen-Orchester wird von den ehemaligen HMC-Mitgliedern gestört, so berichtet es der Schriftführer Walter Cramer in seinem Rückblick aus dem Jahr 1954.

Im Jahr 1934 treten schließlich alle Freien Zupfer aus dem Herforder-Mandolinen-Orchester aus, und das Orchester löst sich wenig später endgültig auf.

1934 – 1954

Die Jahre zwischen 1934 und der Wiedergründung des Orchesters im Jahr 1954 sind geprägt vom Nationalsozialismus, dem Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit. Mehrere frühere FHZ-Musiker überleben den Krieg nicht.

1953 treffen sich auf Anregung Walter Cramers einige der früheren Freien Zupfer wieder. Neben dem Initiator gehören u.a. Gustav Beugholt und Willi Schrewe zu dieser Gruppe. Sie beginnen wieder gemeinsam zu musizieren und beschließen die erneute Vereinsgründung, die im Januar 1954 im Pfennigskrug in Herford an der Enger Straße erfolgt.

1954 – 1987

Seit seiner Wiedergründung am 9. Januar 1954 heißt das Orchester Herforder Zupforchester (HZO). Der frühere erste Vorsitzende Willi Schrewe wird erneut zum Vorsitzenden gewählt, und auch Gustav Beugholt übernimmt wieder die musikalische Leitung des Orchesters.

Gustav Beugholt (1904-1978) leitet das HZO von 1954 bis ins Jahr 1973. Der Schuhmachermeister, der gerne Berufsmusiker geworden wäre, bearbeitet viele Stücke für das Zupforchester.

Schon ab 1954 spielt das HZO auf mehreren Veranstaltungen in Herford (Foto oben). Im Dezember desselben Jahres gestaltet das Orchester seinen ersten öffentlichen Konzertabend mit anschließendem Tanz. Das HZO tritt 1954 dem Deutschen Allgemeinen Mandolinisten Bund bei, und von nun an wird – bis in die 1970er Jahre – bei Auftritten die sogenannte Bundeskleidung (= weißes Hemd und schwarze Fliege) getragen.

Das Vereinsleben der nächsten Jahre ist geprägt von regelmäßigen Proben, Konzerten und von geselligen Veranstaltungen. Zu Beginn der 1960er Jahre hat das Orchester über 30 aktive Spielerinnen und Spieler.

Nach dem Rücktritt Gustav Beugholts übernimmt Johannes Riehl 1973 das Dirigentenamt. Im folgenden Jahr wird Bernhard Margenberg musikalischer Leiter des Orchesters, und ab 1977 dirigiert dann Horst Wolschendorf das HZO. Das Foto unten zeigt Orchester und Dirigent bei einer Veranstaltung in Detmold im Jahr 1983.

In dieser Zeit wird verstärkt an der Spielqualität gearbeitet, und die Notwendigkeit der Nachwuchsarbeit wird deutlich erkannt. Ab Mitte der 1970er Jahre werden Konzerte auf Tonband aufgenommen, um die Stücke und Spielweise zu dokumentieren.

Bei Auftritten wird das Programm häufig mit Chören gemeinsam gestaltet. Viele Mitwirkungen, etwa für die Arbeiterwohlfahrt oder eine der Landsmannschaften, zeugen vom sozialen Engagement der Zupfer.

Horst Wolschendorf gibt 1987 das Dirigentenamt ab, und im September desselben Jahres übernimmt Stephan Prüßner die musikalische Leitung des Herforder Zupforchesters.

1987 – 2020

Mit Stephan Prüßner , Lehrer an der Musikschule der Stadt Herford, werden neue Möglichkeiten entdeckt und Perspektiven zu einer Neuorientierung gefunden. Die Zupfer wollen ihre Konzentration nun verstärkt auf die Qualität ihres Spiels legen und ihren musikalischen Horizont erweitern. Dank professioneller Förderangebote im eigenen Orchester und auf Verbandsebene (Bund Deutscher Zupfmusiker) wird die Spieltechnik verbessert und Neugier geweckt.

Mit einem erweiterten Musikverständnis wagen sich die Zupfer beispielsweise an Werke zeitgenössischer Komponisten und an Originalkompositionen aus Barock und Klassik. Anspruchsvolle Stücke mit Solisten und kammermusikalische Projekte werden realisiert. In dieser Zeit kommen viele neue Spielerinnen und Spieler ins Orchester.

1993 erscheint Das große Buch der Zupforchester von Matthias Henke. Auf rund 600 Seiten gibt Henke einen Überblick über die Geschichte der Zupfmusik und stellt die fast 400 Zupforchester Deutschlands vor. Das Herforder Zupforchester ist dabei!

Seit Anfang der 1990er Jahre beginnt das HZO, mit verschiedenen Veranstaltungen und Angeboten Kinder und Jugendliche für das Instrument Mandoline zu begeistern. Im Mai 1998 findet als Kooperationsprojekt mit der Musikschule der Stadt Herford das erste Kinderkonzert mit dem Singspiel Hochzeitsfest im Zoo statt. Zwei Jahre später wird das Jugendensemble Mandolinis und Gitarreros gegründet, dessen Leitung Ulrike Dutz übernimmt.